«Begreifen heisst erfinden.»

Die Montessori-Pädagogik

Maria Montessori

Die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori (1870 –1952) schrieb 1937 ein Buch mit dem Titel «Kinder sind anders» (deutsche Übersetzung). Sie hatte erkannt, dass der Mensch selbst Mittelpunkt der Erziehung werden sollte. Im Werk «Das kreative Kind» schreibt sie: «Wir werden somit nicht mehr ein Kind vor uns haben, dass als kraftloses Wesen betrachtet wird, so etwas wie ein leeres Gefäss, das mit Wissen vollgestopft werden muss, sondern es zeigt sich vor uns in seiner Würde, indem wir in ihm den Schöpfer unserer Intelligenz erblicken, ein Wesen, das geleitet vom inneren Lehrmeister, voll Freude und Glück nach einem festen Programm an dem Aufbau dieses Wunders der Natur, dem Menschen, arbeitet. Wir Lehrer können nur zu dem bereits vollbrachten Werk helfen.»

Sensible Phasen

Die moderne Lernpsychologie und Hirnforschung (z.B. Manfred Spitzer) hat uns die revolutionären Ansätze der Maria Montessori bestätigt: Kinder lernen in einem eigenen Rhythmus und sind zu einem von ihnen selbst gewählten Zeitpunkt für bestimmte Lerngebiete empfänglich. Maria Montessori nannte diese offenen Lernfenster sensible Phasen. Nutzt man sie, stellt sich ein konzentriertes und effizientes Lernen ein. Das Gehirn entwickelt sich in der Weise, dass bestimmte Inhalte und der Reifezustand des Gehirns sich gegenseitig bedingen. Das Gehirn ist sozusagen sein eigener Lehrmeister und zu festgelegten Zeiten optimal in der Lage, bestimmte Reize zu verarbeiten. Wer diese Phasen verpasst, tut sich schwer, die entsprechenden Inhalte zu lernen.

Nach Montessori-Pädagogik lernen

Die vorbereitete Umgebung

Maria Montessori richtete aus diesem Grund das Schulzimmer anders ein, als man es heute gewohnt ist. Die sogenannte vorbereitete Umgebung bietet eine grosse Auswahl an eigens dafür konzipierten Materialien an, die von den Schülern je nach Interesse gewählt werden.

Polarisation der Aufmerksamkeit

Hat ein Kind gefunden, was es braucht (dafür braucht es zuweilen auch die Hilfestellung des Lernbegleiters und regelmässige «Darbietungen des Materials»), stellt sich die eindrückliche Konzentration ein, die Kinder eine Aufgabe beharrlich und oft in vielfacher Wiederholung anpacken lässt. Maria Montessori nannte diese Erscheinung Polarisation der Aufmerksamkeit.

Begreifen heisst erfinden (Jean Piaget)

Bei der Bearbeitung der Lernziele steht das «Begreifen» an zentraler Stelle. Bereits Maria Montessori fand, dass Lernen sich wesentlich in der Bewegung vollzieht. Die Arbeit mit den Materialien erlaubt es dem Kind, abstrakte Inhalte gegenständlich in die Hand zu nehmen, eben zu «be-greifen». Unsere gängigen Unterrichtsmethoden und Lehrmittel verlangen oft zu frühe Abstraktionen und zu grosse Denkschritte. Wer aber von einer Erkenntnis zur nächsten einen Spagat machen muss, läuft Gefahr Misserfolge zu ernten und riskiert Lernstörungen. Angst vor Misserfolgen blockiert ein kreatives Lernen. Kinder sind anders: Kinder sollen mit Freude gemeinsam lernen, in ihren Mitschülern keine Konkurrenten sehen und die Verantwortung für eigene Entscheidungen übernehmen: «Freiheit ist die Unabhängigkeit, die durch eigene Anstrengung erreicht wird» (M. Montessori).